Die Strahlkraft der 1.und 2. Fussball-Bundesliga
„Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer (Frauen) jagen einem Ball hinterher, und am Ende gewinnen dieDeutschen.“ Dieser berühmte Spruch der englischen Stürmerlegende Gary Lineker fasst treffend die Simplizität des Fußballs und die zahlreichen Erfolge der Deutschen zusammen. Doch ist der Fußball einfach nur ein Spiel?
Die 1. und 2. Bundesliga bilden das Herzstück des professionellen Fußballs in Deutschland und sind zugleich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der maßgeblich zur Wertschöpfung und zum Wachstum beiträgt. Darüber hinaus übernimmt die Bundesliga eine wichtige gesellschaftliche Funktion. In Zeiten von Unsicherheit und Veränderung ist sie eine verlässliche Konstante. Sie bietet Gelegenheiten und Orte, an denen Menschen mit unterschiedlichenHintergründen zusammenkommen, um sich auszutauschen – auch über gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen. Ist Fußball also mehr als nur ein einfaches Spiel? Mit „Mehr als nur ein Spiel“ legt McKinsey die vierte Studie zur ökonomischen Bedeutung des professionellen Fußballs 2025 in Deutschland vor. Erstmals wird diese Analyse durch eine Untersuchung der gesellschaftlichen Relevanz der Bundesliga ergänzt, da wirtschaftliche Bedeutung und gesellschaftliche Verankerung eng miteinander verknüpft sind. Wie schon in den Jahren 2010, 2015 und 2020 hat McKinsey auch die 2025er Studie unabhängig und in Eigenregie durchgeführt. Die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) stellte hierfür Sekundärdaten bereit und fungierte zudem als Diskussionspartner für McKinsey sowie als Vermittler für Experteninterviews. Die vorliegende Studie untersucht erneut die wirtschaftliche Bedeutung der ersten beiden Bundesligen anhand von volkswirtschaftlichen Kenngrößen wie Wertschöpfung, Beschäftigung und Nettoeinnahmen des Staates. Dank der unveränderten Methodik und weitgehend identischer Betrachtungsumfänge lassen sich direkte Vergleiche mit früheren Ergebnissen ziehen sowie belastbare Aussagen zur Wachstumsentwicklung und volkswirtschaftlichen Bedeutung des „Systems Profifußball“ in Deutschland treffen.
Berücksichtigt wird dabei das um den professionellen Fußball entstandene Ökosystem aus Zulieferern, Begünstigten und Vermarktern. Zusätzlich liegt der Fokus dieser Untersuchung darauf, die Rolle der Bundesliga im sozialen Gefüge Deutschlands zu verstehen. Dies hilft, die Bedeutung des Profifußballs für die Menschen hierzulande zu erfassen, seine Wirkungsweise zu analysieren und die Grundpfeiler dieser Bedeutung zu identifizieren. Die gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen, wie verschiedene Akteure im Profifußball zusammenarbeiten können, um die Bundesliga auch in Zukunft als Plattform für gesellschaftlichen Austausch und Zusammenhalt zu stärken. Zugleich eröffnen sie Ansätze, um aktuelle und künftige Herausforderungen einzuordnen und ihnen entgegenzuwirken. Die Bundesliga besitzt eine große wirtschaftliche Bedeutung, was aber nicht zwangsläufig mit gesellschaftlicher Relevanz einhergehen müsste. Doch auch in der Gesellschaft scheint die Bundesliga allgegenwärtig: So zieht die Bundesliga im Schnitt über 350.000 Fans pro Woche in die Stadien, und auch in der 2. Bundesliga sind es mehr als 260.000.
Zudem erreichen beide Ligen zahlreiche weitere Zuschauende vor dem Fernseher. Dennoch ist ihre Rolle nicht unumstritten, denn einige Fans empfinden den Fußball als zu kommerzialisiert oder kritisieren die hohen Gehälter im Profifußball. Zudem rücken Konflikte zwischen Fangruppen sowie zwischen Fans und Polizei das Thema öffentliche Sicherheit zunehmend in den Fokus politischer Diskussionen.
Für eine ganzheitliche Analyse der Wirkung des Systems Profifußball in Deutschland bleiben daher einige Fragen offen: Welche Relevanz und welchen Einfluss hat die Bundesliga auf die Gesellschaft? Auf welchen Grundpfeilern basiert ihre Relevanz und wie kann sie ihre Rolle in der Gesellschaft stärken? Die Ergebnisse unserer Analyse vermitteln ein klares Bild: Die Bundesliga zählt nicht nur zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten in Deutschland, sondern sie vereint auch viele unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Ihre Wirkung auf die Gesellschaft ist in vielen Bereichen starkpositiv. Die Basis dafür bilden vier Säulen, die kontinuierlich zu pflegen sind, um den gesellschaftlichen Einfluss zu bewahren und zu stärken. Im Folgenden gehen wir auf die genannten Punkte detailliert ein.
Die methodische Grundlage der Analyse zur gesellschaftlichen Bedeutung umfasst drei Elemente: eine repräsentative Umfrage, die Integration von Sekundärdaten und Experteninterviews. Zunächst wurde eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1.000 Personen
in Deutschland durchgeführt, deren Ergebnisse in absoluten Zahlen sowie im Vergleich zu anderen Kultur und Freizeitaktivitäten analysiert wurden. Darüber hinaus flossen Sekundärdaten in die Analyse ein (z.B. wissenschaftliche Studien, Presseberichte, Vereins sowie DFL Daten). Erkenntnisse aus Interviews mit Expert:innen, Fans und weiteren Beteiligten rundeten das Gesamtbild ab.
Definition des gesellschaftlichen Einflusses
Unsere Untersuchung orientiert sich an der OECD-Definition des Begriffs „social impact“ (gesellschaftlicher Einfluss). Laut OECD sind dafür zwei Bereiche relevant: erstens der soziale Wert, den die Aktivitäten einer Organisation verursachen, und zweitens die Veränderung des Wohlbefindens der Menschen sowie ihrer Umwelt. Analysen zum gesellschaftlichen Einfluss
unterscheiden außerdem oft zwischen kollektiven und individuellen Auswirkungen auf die Gesellschaft.Auch wir unterscheiden zwischen Effekten auf die Gesellschaft als Ganzes (kollektiv) und auf Einzelne (individuell), um den Einfluss der Bundesliga im Detail zu betrachten (kollektiv) und auf Einzelne (individuell), um den Einfluss der Bundesliga im Detail zu betrachten.
Aktueller Kontext
Der Austausch über gesellschaftliche Herausforderungen und politische Debatten (z.B. soziale Gerechtigkeit , Wirtschaft , Migration befindet sich im Wandel. Traditionelle Treffpunkte verlieren an Bedeutung – Vereine und Freiwilligenorganisationen verzeichnen sinkende Mitgliederzahlen. Gleichzeitig führt die zunehmende Arbeit im Homeoffice
zu einem reduzierten sozialen Austausch.Parallel dazu verbringen die Menschen in Deutschland rund 70 Stunden pro Woche online – Tendenz steigend. Dieser digitale Austausch erfolgt oft anonym oder in der eigenen sozialen Blase („bubble“). Umso wichtiger ist es, einen Ort zu schaffen, der den gesellschaftlichen Austausch sowohl in der physischen Welt als auch im digitalen Raum ermöglicht, ihn gezielt fördert und unter klaren Rahmenbedingungen moderiert.

>h3>Einflüsse der Bundesliga auf die Gesellschaft
Die Bundesliga hat das Potenzial, ein solcher Ort des Austauschs zu sein. Unsere Analyse zeigt, dass die Bundesliga zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten in Deutschland zählt: 41% der Befragten sehen sie in den Top 3 ihrer Freizeitbeschäftigungen. Während etwa jeder 300. EUR, der in der Wirtschaft verdient wird, durch den Profifußball erzeugt wird, beeinflusst dieser gleichzeitig das Leben nahezu jeder zweiten Person in Deutschland. Die Beliebtheit ist dabei weitgehend unabhängig von Alter, Einkommenslevel und wohnort spezifischen Faktoren. Relevante Abweichungen ergeben sich nur zwischen Männern und Frauen, wobei auch knapp jede dritte Frau die Bundesliga zu ihren Top 3-Aktivitäten zählt.
Dimensionen des kollektiven Einflusses der Bundesliga
Unsere Analyse zeigt den positiven kollektiven Einfluss der Bundesliga, d.h. die Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes (z.B. Wertegemeinschaften und zivilgesellschaftliches Engage ment). Der kollektive Einfluss der Bundesliga manifestiert sich in fünf Dimensionen: Sie bietet Treffpunkte, fördert soziale Projekte und motiviert zum Ehrenamt, repräsentiert Regionen,
vermittelt Werte und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.In all diesen Aspekten hebt sich die Bundesliga von den meisten anderen Kultur und Freizeitaktivitäten ab. Schaffen von Treffpunkten. Mehr als 20% der Befragten sehen die Bundesliga als regel
mäßigen Treffpunkt, führend vor anderen Sportarten und kulturellen Veranstaltungen. Weitere Zahlen bestätigen das: Bundesligastadien haben mit 95% die höchste Auslastung in Europa. 20 Zudem bestätigen Fußballinteressierte, dass sie sich im Zuge des Fußballs mit Menschen aus anderen Kulturen austauschen und auch fußballfremde Themen (u.a. Politik und Wirtschaft) diskutieren. Jedoch besteht Bedarf im Hinblick auf die Zugänglichkeit des Treffpunkts Bundesliga: 44% wünschen sich niedrigere Ticketpreise, und die hohe Anzahl an Dauerkarten deutet auf geringe Durchlässigkeit hin. Förderung von sozialen Projekten und Ehrenamt. Keine andere Freizeitaktivität motiviert so viele der Befragten zu sozialem Engagement wie der Fußball (24%). Andere Datenpunkte bestätigen diesen Eindruck – insgesamt engagieren sich in Deutschland 1,7 Millionen Menschen ehrenamtlich für den Fußball auf allen Ebenen. Die aktiven Fanszenen der Bundesliga organisieren z.B. regelmäßig Spendenaktionen für soziale Zwecke oder Aktionsspieltage.
Dieses Engagement baut dabei Brücken zwischen dem professionellen Sport und der Gesellschaft. Expert:innen betonen jedoch, dass die Bundesliga (insbesondere die Clubs und die DFL) solche sozialen Projekte glaubwürdig und langfristig gestalten müssen und sie nicht als kurzfristige Marketingaktionen ausüben dürfen. Repräsentation von Regionen. Die Bundesligavereine haben eine immense Strahlkraft in ihren Regionen und darüber hinaus. Ein Drittel der Befragten sieht sie als Botschafter ihres Wohnorts (34%); unter Fußballfans sind es sogar 84%. Diese Wahrnehmung ist über Dörfer, Kleinstädte und Großstädte konstant. Acht Vereine der Bundesliga haben mehr als 100.000 Mitglieder, würden also als eigene Großstadt zählen. Der empfundene„Regionalstolz“ übertrumpft dabei oft die sportlichen Leistungen, wie die hohen Zuschauer zahlen bei Traditionsclubs in den unteren Ligen zeigen. Doch es zeigt sich auch der umgekehrte Effekt: Menschen ohne regionalen Bezug – mit Wohnort in Bundesländern ohneErstligisten – interessieren sich weniger für Fußball und ordnen die Bundesliga weniger häufigunter den Top 3 ihrer Freizeitaktivitäten ein als der Durchschnitt (minus 5 Prozentpunkte).

Vermittlung von Werten
32% der Befragten bestätigen, dass die Bundesliga zur Förderung gemeinsamer Werte beiträgt. Teilnehmende der Befragung nannten Werte wie Zusammen halt, Teamgeist, Integration sowie Durchsetzungs und Leistungsvermögen als besonders relevant im Kontext der Bundesliga. Dabei können sowohl Spieler als auch Funktionäre als Vorbilder dienen und sich öffentlich für Werte einsetzen, etwa gegen Extremismus. Unsere Analyse zeigt jedoch auch einen wahrgenommenen Authentizitätsverlust, was die Vermittlung von Werten erschwert.
Einige Fans empfinden den Fußball als zunehmend entfremdet – u.a. aufgrund hoher Spielergehälter und Kommerzialisierung. Zudem wird der Fußball mit negativen Aspekten wie hohem Alkoholkonsum in Verbindung gebracht. Expert:innen verweisen daher auf ein Spannungsfeld: Wo kann (oder muss) der Fußball als Vorbild agieren, und wo stößt er an seine Grenzen der Verantwortung?
Zusammenführung unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen.
Mehr als ein Drittel der Befragten (34%) bestätigt, dass die Bundesliga den Zusammenhalt verschiedener Gesellschaft funktionieren kann.
Dimensionen des individuellen Einflusses der Bundesliga
Neben der kollektiven Wirkung hat der Fußball auch einen starken Einfluss auf das Leben der einzelnen Menschen, vor allem in ihrem Alltag. Unsere Analyse zeigt, dass die Bundesliga in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Kultur und Freizeitaktivitäten überdurchschnittlich gut abschneidet und Menschen auf fünf Ebenen beeinflusst: Sie schafft und stärkt soziale Verbindungen, fördert die Identitätsbildung, bietet Gelegenheit zur Ablenkung, ermöglicht das Ausleben von Emotionen und steigert das individuelle Wohlbefinden.
Ausblick: So bleibt die Bundesliga „mehr als nur ein Spiel“
Unsere Analyse zeigt: Die Bundesliga ist mehr als nur ein Spiel. Die wirtschaftlichen Kenn zahlen des professionellen Fußballs in Deutschland im Allgemeinen und des indirekt vom Fußball profitierenden Ökosystems im Besonderen haben sich erneut positiv entwickelt.
Diese wirtschaftliche Stärke ist eng verbunden mit der hohen gesellschaftlichen Relevanz der Bundesliga – sowohl auf kollektiver als auch auf individueller Ebene.
Beides langfristig zubewahren, ist jedoch kein Selbstläufer und bringt große Verantwortung mit sich. Im gesellschaftlichen Bereich stützt sich der Einfluss der Bundesliga auf vier Grundpfeiler: breite Zugänglichkeit, gemeinsames Erleben von Emotionen Zusammenarbeit mit lokalen und sozialen Initiativen sowie die Balance zwischen Tradition und Moderne. Diese Aspekte sollten kontinuierlich geprüft, gepflegt und gemeinsam mit wichtigen Stakeholdern wie z.B. Fanvertretungen weiterentwickelt werden. Vor diesem Hintergrund ergeben sich zwei richtungsweisende Fragen:
— Wie kann die Bundesliga ihre Multiplikatorenwirkung auf wirtschaftlicher Seite ausbauen, um als Impulsgeber den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu fördern?
— Wie kann die Bundesliga sicherstellen, dass ihre gesellschaftliche Relevanz weiterhin nachhaltige und langfristig positive Auswirkungen auf die Gesellschaft hat? Die Diskussion dieser Fragen ist in Zeiten wirtschaftlichen Wandels und zunehmender gesellschaftlicher Unsicherheit wichtiger denn je. Gesellschaftliche und wirtschaftliche
Belange sind dabei eng miteinander verflochten. Wenn beides gemeinsam betrachtet wird, kann die Bundesliga ihren Einfluss weiter ausbauen und „mehr als nur ein Spiel“ bleiben.
Das gemeinsame Erlebnis vieler Menschen in Stadien bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Vereinzelt entstehen Reibungspunkte zwischen langjährigen Traditionen der Fan kultur und den Sicherheitsvorschriften für die Veranstalter im Stadion. Expert:innen nennen gegenseitiges Verständnis und einen offenen Austausch zwischen allen Beteiligten – Fans, Clubs und Behörden – als Schlüssel zum Erfolg.