Icons in-between
Ostkirchliche Kunst aus Grenzregionen (Belarus, Ukraine, Rumänien, Westlicher Balkan, Griechenland)
25. Januar bis 6. Juli 2025
Die Ausstellung widmet sich ostkirchlichen Kunstwerken die einen kulturellen Austausch zwischen Ost und West zeigen. Die Exponate stammen aus den Grenzregionen der ostkirchlichen Welt zwischen den großen Imperien der Habsburger, dem Russischen Zarenreich und dem Osmanischen Reich. In diesen Kontaktzonen kam es zu vielfältigen Begegnungen zwischen verschiedenen Religionen und Konfessionen, die auch die kirchliche Kunst beeinflussten.
39 Ikonen und Devotionalien aus der Sammlung des Ikonen-Museums in Recklinghausen sowie aus anderen Museen und privaten Sammlungen visualisieren verschiedene Formen des Kulturtransfers. Sie zeigen die Adaption ikonografischer Vorbilder aus Westeuropa und die Einbindung von „fremden“ Themen und Motiven. Die Ikonenmaler wurden von Grafiken und Drucken, aber auch von weltberühmten Künstlern und ihren Werken inspiriert: So geht eine kretische Ikone indirekt auf eine Zeichnung von Raffael zurück, eine rumänische Ikone auf einen Holzschnitt von Albrecht Dürer und eine rumänische Hinterglas-Ikone zeigt eine Kopie des Letzten Abendmahls von Leonardo da Vinci, dem der Künstler kleine Details hinzufügte, um es den Erfordernissen der Ikonenmalerei anzupassen (Heiligenschein für Christus, Inschriften). Ikonen fungierten in diesen Kontexten als Brücken zwischen Ost und West. In der Adaption nicht orthodoxer Bildthemen zeigt sich die ostkirchliche Kunst in den Grenzregionen flexibler und offener, als gemeinhin angenommen wird.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Betrachtung wundertätiger Ikonen der Muttergottes, die sowohl in der Orthodoxie als auch im Katholizismus verehrt wurden. Exemplarisch sei die Muttergottes von Tschenstochau (Polen) genannt: Diese Darstellung der Muttergottes geht auf ein hochverehrtes Gnadenbild zurück, das von Byzanz im 13. Jahrhundert in die Westukraine gelangte und 1352 in das katholische Kloster Jasna Góra im polnischen Tschenstochau überführt wurde. Mit dem Segen des Papstes wurde die Ikone 1717 gekrönt und damit ihre Wunderkraft bestätigt. Sie wird vor allem von Katholiken hoch verehrt und gilt in Polen als die Schutzpatronin des Landes. Im 18. Jahrhundert fand die Muttergottes von Tschenstochau Eingang in die russische Ikonenmalerei, wobei ein 1713/14 publizierter Stich als Vorlage diente. Auch in der Ukraine und in Belarus wird das Gnadenbild bis heute verehrt. Der Weg der Verbreitung des Kultes der Muttergottes von Tschenstochau – vom orthodoxen Byzanz über das katholische Polen zurück in orthodoxe Länder – ist ein hervorragendes Beispiel für die in dieser Ausstellung thematisierten Grenzüberschreitungen und das Entstehen gemeinsamer Kulte.
Diesen gemeinsamen Kulten ist ein dritter Schwerpunkt gewidmet. Das genannte Beispiel der Muttergottes von Tschenstochau zeigt, wie ein wundertätiges Gnadenbild zu einem Anziehungspunkt für Gläubige verschiedener Konfessionen werden konnten. Klöster, die über wundertätige Ikonen verfügten, entwickelten sich zu Pilgerzentren, die sowohl von Katholiken als auch Orthodoxen besucht wurden. Dort hergestellte Pilgerandenken – oft kleinformatige Ikonen, sie sowohl gemalt als auch geschnitzt oder in Email ausgeführt sein konnten – wurden von den Pilgerinnen und Pilgern mit in ihre Heimat genommen, verbreiteten den Kult über konfessionelle Grenzen hinweg und machten die Klöster als Pilgerorte weiträumig bekannt. Wir nehmen besonders die Stadt Kyjiw in den Blick, wo sich mit dem Kyjiwer Höhlenkloster (UNESCO-Weltkulturerbe) eines der bedeutendsten geistlichen Zentrum der Orthodoxie befindet. Kyjiw verfügt darüber hinaus über eine wahrhaft „überkonfessionelle“ Reliquie: das Haupt der Märtyrerin Barbara, eine der wichtigsten Heiligen in Ost und West (und als Patronin des Bergbaus auch in Recklinghausen gut bekannt). Historische Quellen belegen die Verehrung der Kyjiwer Reliquien der Heiligen Barbara über die Konfessionsgrenzen hinweg: Römische Katholiken, griechische Katholiken orthodoxe Christen und sogar Calvinisten pilgerten nach Kyjiw, um vor den Reliquien der Heiligen Barbara zu beten. Ihr Kult trug wesentlich zum Ruf der Stadt als eines de wichtigsten Zentren der christlichen Welt bei. Die Exponate illustrieren sowohl die künstlerische Vielfalt als auch das integrative Potenzial der ostkirchlichen Kunst.
Die Ausstellung widmet sich als erste ihrer Art visuellen Zeugnissen aus Grenzregionen in einem übergeordneten, vergleichenden Ansatz. Sie ist nicht nur auf Objekte aus einem Land oder einer Region fokussiert, sondern nimmt überregionale Bezüge in den Blick und zeigt, welch vielfältigen kulturellen Kontakte zwischen „Ost“ und „West“ trotz politischer und konfessioneller Entfremdung (Kirchentrennung) über Jahrhunderte hinweg fortbestanden.
Außerdem thematisieren zwei Exponate die – auf Ikonen sehr selten visuell fassbare – Begegnung mit dem Islam. Chronologisch umfasst Icons In-Between den Zeitraum vom 15. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Icons In-Between wird kuratiert von Dr. Liliya Berezhnaya, Osteuropa-Historikerin und Mitarbeiterin des Projekts ORTHPOL (Orthodoxies and Politics: The Religious Reforms of the Mid-17th Century in Eastern and Southeastern Europe) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien.
Es erscheint ein englischsprachiger Ausstellungskatalog mit Beiträgen renommierter internationaler Wissenschaftler*innen. Viele der Exponate werden hier zum ersten Mal erforscht und publiziert. Der Katalog wird finanziert vom Exzellenzcluster EurAsian Transformations, unterstützt von der FWF-Stiftung, Wien; dem ERC-Projekt „Orthodoxies and Politics: The Religious Reforms of the Mid-17th Century in Eastern and Southeastern Europe“ des Instituts für die Erforschung der Habsburger-monarchie und des Balkanraums (IHB) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien; der Stichting Sormani Fonds, Nijmegen. Ikonen-Museum Recklinghausen Kirchplatz 2a, D-45657 Recklinghausen www.ikonen-museum.com
Öffnungszeiten :
Dienstags bis Sonntags und Feiertags 11 bis 18 Uhr
Montags geschlossen
Preise:
6,00 € / ermäßigt 3,00 €
Kinder unter 14 Jahren frei
Mittwochs: Pay-what-you-want
Icons In-Between. Eastern Christian Art from Border Areas.
Belarus, Ukraine, Romania, Western Balkans, Greece, ed. by
Liliya Berezhnaya in cooperation with Lutz Rickelt,
Recklinghausen 2025 (ENG, 132 Seiten)
Preis: 24,90 (gedruckt).
Der Katalog wird zusätzlich digital veröffentlicht.
Exzellenzcluster EurAsian Transformations, unterstützt von der FWF-Stiftung, Wien ERC-Projekt „Orthodoxies and Politics: The Religious
Reforms of the Mid-17th Century in Eastern and Southeastern Europe“ des Instituts für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraums (IHB) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien
Stichting Sormani Fonds, Nijmegen
EIKON - Gesellschaft der Freunde der Ikonenkunst e.V.
Führungen durch die Sonderausstellung sind nach vorheriger Terminabsprache möglich. Bitte kontaktieren Sie uns per Email unter ikonen@kunst-re.de.
Ikonen-Museum Recklinghausen
- Kirchplatz 2a
45657 Recklinghausen
Öffnungszeiten
Di – Do, feiertags 11 – 18 Uhr
Heiligabend und Silvester 11 – 14 Uhr










