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Rekonstruktion eines Jägers und Sammlers der Gravettien-Kultur (vor 32.000-24.000 Jahren), inspiriert von den archäologischen Funden in der Fundstätte von Arene Candide (Italien). © Tom Bjoerklund.

Überleben in der Eiszeit

Wanderbewegungen der Jäger und Sammler über einen Zeitraum von 30.000 Jahren

Mit dem größten jemals erstellten Genomdatensatz europäischer Jäger und Sammler hat ein internationales Forschungsteam die genetische Abstammungsgeschichte unserer Vorfahren neu geschrieben. 125 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschten an der Studie unter Leitung von Wissenschaftlern der Universität Tübingen und des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment, der Universität Peking sowie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Das Team analysierte die Genome von insgesamt 356 prähistorischen Individuen aus unterschiedlichen archäologischen Kulturen ‒ darunter neue Genomdatensätze von 116 Individuen aus 14 verschiedenen europäischen und zentralasiatischen Ländern. Vor etwa 45.000 Jahren begann der moderne Mensch sich in Eurasien auszubreiten. Jedoch sind die ersten modernen Menschen Europas nicht die genetischen Vorfahren späterer Populationen, wie kürzlich gezeigt werden konnte.
Die Studie konzentrierte sich nun auf Menschen, die zumindest in Teilen als Vorfahren der heutigen Menschen Westeurasiens gelten: Sie lebten in dem Zeitraum zwischen 35.000 und 5.000 Jahren vor heute, unter anderem auch in der kältesten Phase der letzten Eiszeit vor ca. 25.000 Jahren, genannt das „letzte glaziale Maximum (LGM)“. Überraschenderweise stellte das Forschungsteam dabei fest, dass die Menschen der Gravettien-Kultur, die vor 32.000 bis 24.000 Jahren auf dem europäischen Kontinent verbreitet war, nicht näher miteinander verwandt waren. Zwar verband sie eine gemeinsame archäologische Kultur: Sie verwendeten ähnliche Waffen und produzierten ähnliche, mit Tiergesichtern verzierte Schnitzereien. Genetisch jedoch unterschieden sich die Populationen im Westen und Südwesten (heutiges Frankreich und Iberien) von den zeitgleich lebenden Populationen in Zentral- und Südeuropa (heutiges Tschechien und Italien).

Die Gravettier waren vor etwa 32.000-24.000 Jahren in Europa verbreitet. Obwohl sie eine ähnliche Kultur hatten, unterschieden sich die Bevölkerungen in West- und Ost-/Südeuropa genetisch. Die Westgravettier (links) überlebten während des letzten glazialen Maximums, während die Ost- und Südgravettier verschwanden. © Michelle O‘Reilly and Laurent Klaric.

So findet sich der Genpool der Jäger und Sammler dieser Zeit aus dem Westen kontinuierlich über mindestens 20.000 Jahre: Ihre Nachkommen, die der Solutrean- und Magdalenien-Kultur zugeordnet werden, hielten sich während des Kältemaximums in Südwesteuropa auf und breiteten sich später Richtung Norden und Osten über Europa aus. „Mit diesen Funden können wir erstmals direkt die These untermauern, dass die Menschen während der kältesten Phase der letzten Eiszeit Zuflucht in Südwesteuropa suchten, das klimatisch günstigere Bedingungen bot“, sagt Erstautor Cosimo Posth.

Als weiterer Rückzugsort für die Menschen während des LGM galt bisher die italienische Halbinsel. Für diese These fand das Forschungsteam allerdings keine Belege, im Gegenteil: Die in Zentral- und Südeuropa lebenden Jäger und Sammler der Gravettien-Kultur sind dort nach dem Kältemaximum genetisch nicht mehr nachweisbar und gelten damit als ausgestorben. Stattdessen ließen sich dort Menschen mit einem neuen Genpool nieder. „Wie wir sehen konnten, unterscheiden sich die dort lebenden Individuen, die mit einer späteren Kultur (das Epigravettien) in Verbindung gebracht werden, genetisch stark von den vorherigen Bewohnern der italienischen Halbinsel“, sagt Mitautorin He Yu. „Vermutlich kamen diese Menschen um die Zeit des glazialen Maximums vom Balkan nach Norditalien und breiteten sich bis nach Sizilien aus.“ Anhand der analysierten Genome lässt sich zudem nachvollziehen, dass sich die Nachfahren dieser frühen Einwohner der italienischen Halbinsel dann vor etwa 14.000 Jahren über ganz Europa verbreiteten und dabei die Gruppen verdrängten, die mit der Magdalenien-Kultur assoziiert waren. Das Forschungsteam spricht von einem großen genetischen Austausch. Grund waren möglicherweise ebenfalls klimatische Veränderungen, auf die Menschen durch Wanderung reagierten: „Damals erwärmte sich das Klima in kurzer Zeit deutlich und Wälder breiteten sich in ganz Europa aus. Möglicherweise war dies für die Menschen aus dem Süden Anlass, ihren Lebensraum auszuweiten. Die früheren Bewohner hingegen könnten mit dem Schwund ihres Lebensraumes, der Mammutsteppe, verdrängt worden sein“, sagt Johannes Krause, Seniorautor der Studie.

Weiter zeigen die Befunde, dass es für mehr als 6.000 Jahre keinen genetischen Austausch zwischen den Jägern und Sammlern Westeuropas und ihren Zeitgenossen in Osteuropa gab. Begegnungen zwischen Menschen des zentraleuropäischen Kontinents und des osteuropäischen Raums (heutiges Baltikum und entlang der Wolga) lassen sich erst wieder für die Zeit nach 8.000 Jahren vor heute nachweisen. „Zu dieser Zeit vermischten sich dort Gruppen von Jägern und Sammlern unterschiedlichen Aussehens: Sie hatten nicht dieselbe Haut- und Augenfarbe und unterschieden sich auch in anderen Merkmalen“, berichtet He Yu. In dieser Zeit breiteten sich schließlich auch der Ackerbau und eine sesshafte Lebensweise von Anatolien nach Europa aus. „Möglicherweise löste die Einwanderung der frühen Bauern einen endgültigen Rückzug der Jäger und Sammler an den nördlichen Rand Europas aus – und gleichzeitig begann eine genetische Vermischung zwischen beiden Gruppen, die fast 3.000 Jahre andauerte“, sagt Krause.

Die Daten, die wir in dieser Studie gewinnen konnten, geben uns einen bisher beispielslosen detaillierten Einblick in die Entwicklungen und Begegnungen der westeurasischen Jäger- und Sammlergruppen“, fasst Posth zusammen. „Weitere interdisziplinäre Forschung wird klären, welche Prozesse im Einzelnen für den Austausch ganzer Eiszeit-Populationen verantwortlich waren.“

Der älteste Beweis für die Wanderbewegung während der Klimaerwärmung: Schädel eines Mannes und einer Frau, die vor rund 14.000 Jahren in Westdeutschland (Oberkassel) bestattet wurden. Genetisch stammen sie aus dem Süden. © Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn.

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