Grundwasser in Deutschland
Europaweit höchste Konzentration mit Nitrat
Belastung in Regionen mit vorwiegend agrarwirtschaftlicher Nutzung höher als in anderen Gebieten – Grundpreise für Trinkwasser höher in Regionen mit Grenzwertüberschreitung – Genauere Erhebung, zentrale Erfassung und stringente Kontrolle des Düngemitteleinsatzes erforderlich. Deutschlands Grundwasser weist europaweit eine der höchsten Belastungen mit Nitrat auf, das in hohen Konzentrationen gesundheitsgefährdend ist. Der EU-Grenzwert für den vor allem aus exzessivem Düngen entstehenden Stoff wird besonders häufig in Gebieten mit überwiegend landwirtschaftlicher Flächennutzung überschritten. Die hohen Nitratbelastungen schlagen sich auch in den Wasserpreisen nieder. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die für Deutschland erstmals einen Zusammenhang zwischen der agrarwirtschaftlichen Nutzung der Böden und der Nitratbelastung des Grundwassers systematisch belegt. Der Anteil der rund 1200 deutschen Messstellen, die den EU-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) Grundwasser überschreiten, liegt nach den aktuellen Zahlen für die Jahre 2012 bis 2016 bei durchschnittlich rund 18 Prozent. „Die beobachteten Überschreitungen des Nitratgrenzwerts sind keine einmaligen Befunde. Die Messwerte liegen seit vielen Jahren auf konstant hohem Niveau“, berichtet DIW-Ökonomin Greta Sundermann, die gemeinsam mit Nicole Wägner, Astrid Cullmann, Claudia Kemfert und Christian von Hirschhausen die Studie verfasst hat.Nitratbelastung besonders hoch in Zusammenhang mit Ackerbau und Schweinemast
Die WissenschaftlerInnen konnten nachweisen, dass die Landwirtschaft einen erheblichen Einfluss auf die Nitratbelastung hat. „Die Nitratwerte an einer Messstelle sind umso höher, je stärker das umliegende Gebiet eine agrarwirtschaftliche Landnutzung in Form von Acker- und Weinanbau aufweist“, stellt DIW-Ökonomin Nicole Wägner fest. In diesen Regionen steigt der Anteil der Grenzwertüberschreitung auf 28 Prozent. An Messstellen in Gebieten, die stärker durch Wald und Grünland geprägt sind, sind die Messwerte hingegen signifikant niedriger. Auch eine höhere Dichte der Schweinezucht geht mit einer höheren Nitratbelastung des Grundwassers einher.Die durchschnittliche Nitratbelastung liegt bei ungefähr 28 mg/l für das Gesamtnetz. Überdurchschnittlich hoch sind dabei die Konzentrationen in Sachsen, Niedersachen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. An knapp einem Fünftel aller Messstellen überschreiten die Messergebnisse den EU-Grenzwert von 50 mg/l. Einige sogar um das Siebenfache, zum Beispiel in Haldensleben (Sachsen-Anhalt) und in Laar (Niedersachen). „Darüber hinaus liegen die Werte in einer großen Zahl der Messstellen nur knapp unterhalb dieses Grenzwerts, sind also auch gesundheitlich nicht unbedenklich“, berichtet DIW-Ökonomin Astrid Cullmann.
Nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern auch teuer
Nitrat entsteht vor allem durch den Stickstoffüberschuss beim exzessiven Düngemittelgebrauch und gelangt über den Boden ins Grundwasser – mit erheblichen Folgen für die Biodiversität und Risiken für die Gesundheit. Bereits 2016 hatte wegen der hierzulande hohen Werte die europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Weil die daraufhin von der Bundesregierung ergriffenen Gegenmaßnahmen aber nicht ausreichend waren, strengte die Kommission im vergangenen Jahr ein zweites Verfahren unter Androhung von Bußgeldern an.Teuer kommt die hohe Nitratbelastung die Bürgerinnen und Bürger schon jetzt zu stehen, denn den Preis für die Aufbereitung des Trinkwassers wälzen die Wasserversorger auf die privaten Haushalte ab. In Gemeinden mit Nitratkonzentrationen oberhalb des Grenzwerts von 50 mg/l liegt die jährliche Grundgebühr der Haushalte im Schnitt bisher zwar nur um mehr als fünf Euro über derjenigen in Gemeinden mit Nitratkonzentrationen unter 25 mg/l, zeigen die Berechnungen. Eine Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) weist aber darauf hin, dass die Preise künftig weiter steigen könnten.
„Es gibt hierbei keine schnellen Lösungen. Andere Länder haben dafür auch 20 bis 30 Jahre gebraucht.“ Greta Sundermann