Kinderarmut in Deutschland
Zahlreiche Prominente wenden sich mit einem Offenen Brief an die Politik und Öffentlichkeit und fordern: #StopptKinderarmut. Unter den Fürsprecher:innen sind die Influencer:innen Hatice Schmidt, Leeroy Matata, Anderson, JustCaan, Kati Karenina, Kicki Yang Zhang, MrTrashpack, Simon Will oder der Musiker Matondo Castlo. Auch andere bekannte Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens bringen ihre Unzufriedenheit mit dem Maß an Kinderarmut in Deutschland zum Ausdruck - u.a. Nina Bott, Frank Buschmann, Katja Burkard, Tyron Ricketts, Balbina, Hans Sarpei, Jasmin Wagner oder Timur Ülker. In dem Brief fordern die Prominenten, Kinderarmut zu entstigmatisieren und politisch zu bekämpfen.
Dem Offenen Brief vorausgegangen war seit Anfang August eine ganze Reihe von Videobeiträgen zahlreicher prominenter YouTuber:innen, in denen diese eigene Armutserfahrungen schildern und ihre Community motivieren, sich selbst zum Thema Kinderarmut zu äußern. Die insgesamt sechs Videos wurden seitdem von mehr als einer halben Million jungen Menschen angesehen und haben eine Fülle an Reaktionen hervorgerufen – sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in Form ausführlicher Beiträge in der Kommentarfunktion der Videos. Für Vorstandsmitglied Jörg Dräger ist die Social-Media-Initiative eine neue und gewinnbringende Erfahrung: „Armut darf nicht stigmatisieren. Mit der Initiative #StopptKinderarmut werden junge Menschen ermutigt, offener über ihre Erfahrungen zu sprechen.“
Seit Jahren ist Kinderarmut eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. Unsere neue Analyse zeigt, dass es im bundesweiten Durchschnitt keine grundlegende Verbesserung gab. Die Corona-Krise droht das Problem der Kinderarmut zu verschärfen.
Nach wie vor überschattet Armut den Alltag von mehr als einem Fünftel aller Kinder in Deutschland. Das sind 21,3 Prozent bzw. 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18, die oft viele Jahre ihrer Kindheit von Armut bedroht sind. Das ist das Ergebnis eines kombinierten Messansatzes, der sowohl die Armutsgefährdungsquote als auch Kinder im Grundsicherungsbezug berücksichtigt. Die Kinder- und Jugendarmut bleibt trotz der vor der Corona-Krise jahrelang guten wirtschaftlicher Entwicklung ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland. Damit verbunden sind erhebliche Folgen für das Aufwachsen, das Wohlbefinden, die Bildung und die Zukunftschancen der Kinder.
Wirft man alleine einen Blick auf die Kinder, die Grundsicherung (SGB II/Hartz IV) beziehen (das sind bundesweit 13,8%), können auch regionale Entwicklungen der Kinderarmut aufgezeigt werden. Demnach haben sich etwa in Ostdeutschland Verbesserungen eingestellt. Waren dort 2014 noch 22,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Grundsicherungsbezug, sind dies 2019 nur noch 16,9 Prozent. In Westdeutschland stagniert die SGB II-Quote von Kindern hingegen bei 13 Prozent. Auf Kreisebene leben in einigen Kreisen bzw. Städten bis zu 40 Prozent der Kinder im Grundsicherungsbezug, in anderen sind es nur 2 Prozent. Die materielle Versorgung von Kindern in der Grundsicherung hat sich in den letzten fünf Jahren etwas verbessert – der relative Unterschied zu Kindern in gesicherten Verhältnissen ist jedoch bestehen geblieben. Insbesondere in den Bereichen Mobilität, Freizeit und soziale Teilhabe sind Familien im SGB II-Bezug teils erheblich unterversorgt. Diese Erkenntnisse zeigt ein aktuelles Factsheet der Bertelsmann Stiftung zu Kinderarmut in Deutschland, das unter anderem auf aktuellen Auswertungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) basiert.