Studierende sehen Corona als Digitalisierungsbeschleuniger – Mehrheit erwartet positive Auswirkungen
Videokonferenzen, App-Steuerung von Anlagen, künstliche Intelligenz – die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt auf allen Ebenen. Für die Studierenden, die demnächst ins Arbeitsleben streben, ist das mehrheitlich eine gute Nachricht: 91 Prozent sehen in der Digitalisierung eine Chance für Deutschland – eine Gefahr sehen nur neun Prozent.Gleichzeitig sagen 69 Prozent, dass ihnen die Digitalisierung Mut macht. Und in Bezug auf die eigene berufliche Laufbahn gehen 57 Prozent der Studierenden davon aus, dass die Auswirkungen der Digitalisierung positiv sein werden.
Die Corona-Pandemie wird das Tempo der Digitalisierung noch einmal beschleunigen – da sind sich 81 Prozent der Befragten sicher. Eine Folge daraus könnte die verstärkte Arbeit aus dem Home Office sein – was die Studierenden mehrheitlich auch gut finden: 58 Prozent können sich vorstellen, überwiegend im Home Office zu arbeiten. Knapp ein Drittel lehnt die überwiegende Arbeit im Home Office aber auch ab. Bei Praktika stellt sich das Bild umgedreht dar: 57 Prozent lehnen Praktika ab, die überwiegend im Home Office stattfinden. 34 Prozent können Praktika zu Hause dagegen etwas abgewinnen.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden mehr als 2.000 Studentinnen und Studenten befragt.
„Inzwischen rücken die ersten Vertreter der sogenannten Generation Z aus den Universitäten in die Unternehmen nach“, kommentiert Oliver Simon, Leiter der Personalabteilung von EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Zahlen. „Es ist die erste Generation, die in einer digitalen Welt groß geworden ist und die ganz selbstverständlich mit Smartphone und Social Media aufgewachsen ist. Sie kennen also die Vorzüge der Digitalisierung und befürworten mehrheitlich das Home Office. Durch Corona ist das Arbeiten von zu Hause – wo es denn möglich ist – häufig zur Regel geworden. Allerdings ist gerade am Anfang der Berufslaufbahn der persönliche Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten noch ausgesprochen wichtig. Nur dadurch entwickeln Mitarbeitende ein Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen und können sich mit dessen Kultur identifizieren. Zudem ist und bleibt die soziale Interaktion ein menschliches Bedürfnis. Deswegen wird Home Office in der Regel nicht die alleinige Arbeitsform sein können.“
Markus Heinen, Leiter Personaldienstleistungen bei der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft EY, ergänzt: „Wenn die Digitalisierung in Unternehmen gut umgesetzt wird, kann sie den Beschäftigten repetitive Aufgaben abnehmen. Diese wiederum können sich auf kreative Prozesse konzentrieren. Kreativität entsteht jedoch oft dort, wo Menschen sich begegnen und interagieren. Die meisten Unternehmen haben daher ein großes Interesse daran, ihnen die dazu nötigen Räumlichkeiten zu geben.“
Digitalisierung wird neue Fähigkeiten erfordern
Der Arbeitsmarkt wird aus Sicht der Studentinnen und Studenten künftig auch neue Fähigkeiten erfordern: 79 Prozent gehen davon aus, dass sich viele Berufsbilder stark verändern. Insgesamt bewerten die Studierenden die Veränderung der Berufsbilder eher positiv: Zwar glauben 37 Prozent, dass im Zuge der Digitalisierung in großem Stil Jobs verloren gehen werden. Allerdings sagen 52 Prozent auch, dass neue Jobs entstehen. Sie selbst vertrauen mehrheitlich in das eigene Können: 79 Prozent sagen, dass sie die nötigen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Werkzeugen für das Berufsleben besitzen.„Die Arbeitswelt steht mit der Digitalisierung vor einem gigantischen Umbruch. Diese Transformation geht oft aber noch viel zu langsam. Möglicherweise sind die jungen Berufsanfänger, die jetzt aus den Universitäten kommen, noch ein wichtiges Puzzlestück für die erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung. Sie kennen sich mit den Technologien aus, manche haben Programmiererfahrung und sie sind es gewohnt, agiler zu arbeiten“, so Heinen.
Männer erwarten mehrheitlich positive Auswirkungen – 17 Prozent der Frauen macht die Digitalisierung Angst
Allerdings fällt die Bewertung der Digitalisierung unter den Studierenden teilweise sehr unterschiedlich aus: Während knapp zwei Drittel der Männer (64 Prozent) positive Auswirkungen auf ihre berufliche Laufbahn erwarten, rechnet nur die Hälfte der Frauen damit. Gleichzeitig sagen 17 Prozent der weiblichen Befragten, dass ihnen die Digitalisierung Angst macht – der Anteil bei den männlichen Studenten beträgt nur neun Prozent. Ob die Digitalisierung eher positiv oder negativ gesehen wird, hängt auch mit den Leistungen der Studierenden zusammen: Von denjenigen, die ihre Leistung selbst exzellent einschätzen, haben nur neun Prozent Angst vor der Digitalisierung. Gleichzeitig erwarten 69 Prozent positive Auswirkungen auf die eigene berufliche Laufbahn. Bei den Studierenden, die ihre Leistungen selbst als unterdurchschnittlich wahrnehmen, haben 14 Prozent Angst vor der Digitalisierung und nur 48 Prozent erwarten positive Auswirkungen für sich.„Wir müssen die Digitalisierung für alle positiv besetzen“, sagt Heinen. „Das kann in der Wirtschaft beispielsweise darüber gelingen, dass man die Betroffenen zu Beteiligten macht: Die Beschäftigten sollen die Auswirkungen der Digitalisierung verstehen und beispielsweise im Bereich 3D-Druck oder künstliche Intelligenz selbst Lösungen entwickeln.“
Simon ergänzt abschließend: „Es sind letztlich alle – nicht nur Studierende – persönlich dafür verantwortlich, dass sie sich die nötigen Fähigkeiten aneignen, um digitale Werkzeuge zu nutzen. Schließlich gibt es kaum noch einen Bereich in Unternehmen, der nicht stärker digitalisiert wird. Unternehmen können ihre Beschäftigten mit Workshops, Fort- und Weiterbildungen oder anderen Veranstaltungsformaten unterstützen.“